Song für Antillenkinder

Autor unbekannt

Auf dem Meere der Antillen
Schwimmt ein Schiffchen, schwimmt ein Kahn:
Es schwimmt und schwimmt der Kahn, das Schiffchen,
und hat keinen Steuermann.

Von Havanna nach Portobelo,
und es soll noch weitergehn,
schwimmt und schwimmt der Kahn, das Schiffchen
und hat keinen Kapitän.

Eine schwarze Frau am Hecke
Und ein Spanier am Bug:
Es schwimmt und schwimmt der Kahn, das Schiffchen
Zwei Passagiere sind ihm genug..

Viele Inseln ziehn vorüber, andre Inseln
es noch tun;
es schwimmt und schwimmt der Kahn, das Schiffchen
ohne jemals auszuruhn.

Ein Geschütz aus Schokolade
Feuert ab auf unser Schiff
Und ein Geschütz, es ist aus Zucker
schießt auf unsren Kahn zurück.

Du mein Schiffchen auf dem Meere,
bist aus Papier, ich kann es sehn!
Schwarz und weiß ist unser Schiffchen
Und hat keinen Kapitän!

Es steht die schwarze Frau am Hecke,
der Spanier ist mit ihr an Bord;
es schwimmt und schwimmt der Kahn, das Schiffchen
mit den beiden ganz weit fort.
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Der Juni
Erich Kästner
Die Zeit geht mit der Zeit: Sie fliegt.
Kaum schrieb man sechs Gedichte,
ist schon ein halbes Jahr herum
und fühlt sich als Geschichte.


Die Kirschen werden reif und rot,
die süßen wie die sauern.
Auf zartes Laub fällt Staub, fällt Staub,
so sehr wir es bedauern.


Aus Gras wird Heu. Aus Obst Kompott.
Aus Herrlichkeit wird Nahrung.
Aus manchem, was das Herz erfuhr,
wird, bestenfalls, Erfahrung.


Es wird und war. Es war und wird.
Aus Kälbern werden Rinder
und, weil–s zur Jahreszeit gehört,
aus Küssen kleine Kinder.


Die Vögel füttern ihre Brut
und singen nur noch selten.
So ist's bestellt in unsrer Welt,
der besten aller Welten.


Spät tritt der Abend in den Park,
mit Sternen auf der Weste.
Glühwürmchen ziehn mit Lampions
zu einem Gartenfeste.


Dort wird getrunken und gelacht.
In vorgerückter Stunde
tanzt dann der Abend mit der Nacht
die kurze Ehrenrunde.


Am letzten Tische streiten sich
ein Heide und ein Frommer,
ob's Wunder oder keine gibt.
Und nächstens wird es Sommer.


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ELVIRA

nach Peter Hammerschlags „Cabaret“ neu bearbeitet


„Elvira ... schenk mir ... eine Nacht !“

Da hat Elvira schrill gelacht:
„Mein dummer Bub! Geh schlafen,
Ich schlaf heut mit dem Grafen.
D u sollst heut nicht verführen
Elviren .“

„Wenn Du mir diese Nacht nicht schenkst, Elvira
denk, w i e du mich kränkst !–“

Da lachte sie noch schriller:
„Gleich kommt Marquis DeMüller!
Dann setzt dich vor die Türe
Elvire !“

Da schrie ich denn am heisersten:
„ ... D u u u u ! ... Treib mich nicht ... zum ... Äußersten !!“

Da lachte sie am schrillsten:
„Du armer Narr! Was willst D´ denn ?!
Hart ist das Herz – verspür es –
Elvires !!“

Da ... schoss ich! ... Drei ... mal. (Bumm – Bumm – Bumm.)
Elvira schrie - und fiel auch um ...

Doch glaubt, ihr Herren Schöffen,
ich wollte s i e nicht tröffen!
Ich .....m-m-meinte
den V e r f ü h r a:

E l v i r a !!!

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Lass blühen

Autor unbekannt


Voll Blüten steht der Pfirsichbaum,
nicht jede wird zu Frucht,
sie schimmern hell wie Rosenschaum
durch Blau und Wolkenflucht.

Wie Blüten geh´n Gedanken auf,
tausend an jedem Tag -
lass blühen ! Lass dem Ding den Lauf !
Frag nicht nach dem Ertrag !

Es muss auch Spiel und Unschuld sein
und Blütenüberfluss,
sonst wär´ die Welt uns viel zu klein
und Leben kein Genuss.


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Eine Liebende

von Hertha Kräftner


Ein großes Staunen kam und zwang sie nieder
und legte einen Schmerz auf ihre blauen Lider,
den sie erduldete wie einen Lohn.

Und durch die Tage, die sie nicht mehr rührten,
trug sie – wie eine jener Nieverführten –
ihr Antlitz wie ein Bündel weißen Mohn.


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Frühling

nach einem mir unbekannten Autor nachbearbeitet


In dämmrigen Grüften
träumte ich lang
von deinen Bäumen und blauen Lüften,
von deinem Duft und Vogelgesang.

Geheimnis der Erden,
stellst sprießend zur Schau
ein bebendes Werden
zart jubelnd im Tau.

Nun liegst du erschlossen
in Gleiß und Zier
von Licht übergossen
wie ein Wunder vor mir:

von Düften umsungen,
die Himmel umwehen
im Lichte umklungen,
verzückt, mich zu sehen -

Du kennst mich wieder,
du lockst mich zart -
es zittert durch meine Glieder
deine selige Gegenwart.

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Ein Krieger des Lichts glaubt

Weil er an Wunder glaubt,
geschehen auch Wunder.

Weil er sich sicher ist,
dass er selbst
sein Leben verändern kann,
verändert sich sein Leben.

Weil er sicher ist,
dass er der Liebe begegnen wird,
begegnet ihm diese Liebe auch.

Manchmal wird er enttäuscht,
manchmal verletzt.

Und dann hört er Kommentare wie diesen:
Wie naiv er doch ist!

Aber der Krieger weiss, dass es sich lohnt.
Für jede Niederlage gibt es zwei Siege.
Alle, die glauben, wissen das.

Aus Handbuch des Kriegers des Lichts von Paulo Coelho

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LEBENSMAXIME

Verhasst ist mir das Folgen
und das Führen -
Gehorchen - NEIN !
Und aber nein regieren !
Denn wer sich selbst nicht schrecklich ist macht niemand Schrecken,
und nur der Schrecken macht kann andere führen.

Ich liebe es gleich Wald- und Meerestieren,
mich für ein gutes Weilchen zu verlieren...
In holder Irrnis grüblerisch zu hocken...
von ferne her mich endlich heim zu locken..
mich zu mir selber zu verführen !

Friedrich Nietzsche

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Marmelbleiche Maid

nach Heinrich Heine "Die Blasse" neu bearbeitet


Ich lag und schlief und schlief recht mild,
verscheucht war Gram und Leid;
da kam zu mir ein Traumgebild,
die allerschönste Maid.

Sie war wie Marmorstein so bleich
und heimlich wunderbar,
im Auge schwamm es perlengleich,
gar seltsam wallt ihr Haar.

Und leise, leise sich bewegt
die marmelbleiche Maid,
und an mein Herz sich niederlegt
die marmorblasse Maid.

Wie bebt und pocht vor Weh und Lust
mein Herz und brennet heiß!
nicht bebt, nicht pocht der Schönen Brust,
die ist so kalt wie Eis.

„Nicht bebt, nicht pocht wohl meine Brust,
die ist wie Eis so kalt –
doch kenn auch ich der Liebe Lust,
der Liebe Allgewalt.

Mir blüht kein Rot auf Mund und Wang,
mein Herz durchströmt kein Blut;
doch sträube dich nicht schaudernd bang:
ich bin dir hold und gut!“

Und wilder noch umschlang sie mich
und tat mir fast ein Leid –
da kräht der Hahn – und stumm entwich
die marmorblasse Maid.

Du schleiersüßer Engelstraum,
dir stelle ich nicht nach,
geb´ vielmehr dir der Liebe Raum
trag´ deiner Ferne Schmach.

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