Fifi Mutzenbacher




contra





Dame & Schwein

vorgeführt von
-
Erwin Leder-

Zwei Meisterwerke deutschsprachiger erotischer Literatur

Fifi Mutzenbacher con:tra Dame & Schwein

Gegensätzliche Erotik

ersonnen von
Wolfgang Bertrand und Bodo Kirchhoff


Die erotische Prosa beider Autoren vermittelt sich uns als Poesie ihrer jeweils gesellschaftlichen Umstände formal entsprechend gegensätzlich als Poesie der Parodie und Poesie der Romanze. Im Lichte meiner Scheinwerfer erscheinen mir die beiden wie blitzende Klingen, die sich einander zuwenden, einander zublinzeln und sich zusammenfügen wie ein zweischneidiges Schwert, welches naturgemäß zweier Klingen bedarf, in diesem Falle gegensätzlich vorsätzlicher in sich, für sich und daher auch an sich.


Wolfgang Bertrands Pornoparodie "Texasgirl und Mutzenfifi" entstand 1971; der mit ihm befreundete Helmut Qualtinger erkannte ihre Wirkung und brachte sie etwa 10 Jahre später in einer eigenen Fassung als LP "Fifi Mutzenbacher" einem breiten Publikum näher. Die Geschichte gilt als Findung der Art von Literatur, die alles in den Mund nimmt, nichts, aber auch gar nichts auslässt, kein Tabu und kein Pardon zu kennen scheint. Die Unverblümtheit und scheinbare Wahllosigkeit der Sprache in all ihrer Fülle dialektischer Facetten lässt Vorurteile und Moral sich selbst auflösen. Vordergründig direkt, klar und deutlich, schnell löst sie als Poesie hintergründig, woran Menschen oft ein Leben lang arbeiten: wir lachen über die Zerstörung verbaler Begriffe moralischer Hierarchie.


Ganz anders die erotische Poesie des auf samtenen Pfoten schleichenden Panthers Bodo Kirchhoff, zuletzt verfolgt er jedoch die gleiche Absicht. Langsam, wählerisch und unerbittlich konsequent lässt er seinen scharfen, spitzen Geist durch den Dschungel des Verlangens pirschen, sich genüsslich nie ganz preisgebend vermeidet der Jäger manch verräterischen Eklat, vorzeitige Ausbrüche der Entladung, stets züngelnd nach einem Aufschrei endlich erlösender Erfüllung in den unendlichen Weiten menschlicher Beziehung.


"Dame und Schwein" vermittelt uns den Reiz des Unaussprechlichen, hat das Zeug, uns in prickelnder Erregung an die Grenzen unserer Phantasie zu versetzen, regt an, über den eigenen Schatten zu springen, treibt an, das Unaussprechliche zu wagen, es in der Tat umzusetzen. Doch je leidenschaftlicher Kirchhoffs Hingabe zum Hochseil, desto ausgewogener tanzt er sein Lied zwischen Gefühl und Verstand, und desto ruhiger verhält sich die Waage zwischen Nähe und Abstand, bis zu dem Punkt, an welchem der Geist bereit ist, sich selbst anzusehen und zu verstehen, ohne in Widerstand oder Begehren an Gleichgewicht zu verlieren und so fähig wird, sich von sich selbst zu lösen, zu verschmelzen und sich somit zu erfüllen.


Diese Literatur bedarf einander freilich nicht, um jeweils ihre Vollendung zu begreifen, doch bedarf es, um ihre gemeinsame Wirkung hervorzuheben, um zu erfassen, was sie gemeinsam auslöst, für uns eines Abends im gegensätzlichen Licht dieser Werke, letztlich, um sich an ihrer gemeinsamen Wirkung zu erfreuen.



Erwin Leder